Johann Sperl (3. November 1840 Buch bei Nuernberg - 28. Juli 1914 Bad Aibling) -Seite 1- Er wurde in Buch geboren, im Knoblauchland zwischen Nuernberg und Erlangen. Er war das einzige Kind staendig in Armut lebender Eltern, die einen wenig eintraeglichen Gemuesehandel betrieben. Dank der soliden und nachhaltigen Erziehung zu gottergebener Bescheidenheit lernte er es bald, seinen Weg ohne fremde Hilfe zu gehen und selbst in groesster Not nicht zu verzweifeln. Mit 14 Jahren begann er eine Lehre im Lithographenhandwerk. Die wenige freie Zeit, die ihm verblieb, nutzte er unermuedlich zu Naturstudien im Pegnitztal, auf der Suche nach seiner Wirklichkeit, die sich ihm zunaechst in der Beschraenkung der Welt auf das Sichtbare darstellte. Seit 1860 besuchte er nebenher die Kunstgewerbeschule in Nuernberg. Mit 23 Jahren wurde er Leiter einer Lithographischen Anstalt in Thueringen, wo er sich mit der Unterstuetzung seiner verwitweten Mutter innerhalb zweier Jahre die Mittel zusammensparte, um 1865 bei Anschuetz in Muenchen ein Studium an der Akademie beginnen zu koennen. Hier, und in der Folgezeit bei Ramberg, lernte er die "freie Luft" der Kunestlerwelt kennen, in erster Linie aber die "akademische" Kunst der Genremalerei, von deren Erfolgen er sich gut ueber Wasser halten konnte. Er merkte aber sehr bald, dass seine Staerke nicht in dieser Art des Figuerlichen lag. Seine immer enger werdende Freundschaft zu Leibl, der inzwischen Muenchen verlassen hatte, fuehrte ihn nun haeufig aufs Land hinaus, wo der Entschluss, sich der Landschaftsmalerei zuzuwenden und durch Leibl bestaerkt, schliesslich die Oberhand gewann. Von staendig zunehmender und schliesslich unsaeglicher Not waren die folgenden Jahre gepraegt: Als Landschafter fand der anerkannte und erfolgreiche Bildnismaler keine Zustimmung, und Leibl, obwohl er 1881 mit ihm die alte Hofmuehle an der Glonn in Aibling als gemeinschaftliches Atelier bezogen hatte, wusste nichts von seinem wirtschaftlichen Ruin. Als dieser offenbar wurde, war Leibl beinahe jedes Mittel recht, Sperl zu helfen; u.a. gehen die neun gemeinsam geschaffenen Werke auf diese Zeit zurueck, denn Leibl glaubte, Sperl muesse ueber seinen Namen zu Anerkennung kommen. Das Vorhaben scheiterte, denn Kunstkritik wie Kaeufer ignorierten Sperls Leistung und erzeugten sogar eine irreale Konkurrenz zwischen beiden, die Sperl eher schadete als nuetzte. So verliess dieser Leibl, weil es ihn bedrueckte, den Freund staendig um Hlife angehen zu muessen. Nach Monaten bitterster Not brachte ihn ein Auftrag fuer die Kirche in Neckarsulm aus dem Aergsten. Hier, wie wenig spaeter in Kraiburg am Inn kam er seinem persoenlichen Ziel naeher - es entstanden meisterliche Landschaften, und wenn der Mensch in ihnen auftauchte, hatte er alles Modellhafte und Anekdotische verloren. Das mangelnde Verstaendnis der Kunstwelt fuer seine Darstellung der Natur mit ihrer Unberuehrtheit und ihrem heimlichen Raunen und Weben degradierte Sperl immer wieder zu Leibls Famulus - zu dessen Leidwesen, denn fuer ihn zaehlte Sperl als Landschafter zu den staerksten Kraeften, die Deutschland damals besass. In der innigen und bis zum Tode Leibls waehrenden Freundschaft war dieser keineswegs der kuenstlerisch Dominierende. Im Gegenteil, Sperl war fuer Leibl unentbehrlich; er gab ihm, der koerperlich ein Riese gegen ihn war und der trotz seines robusten Aeusseren unter dem Verkanntwerden litt, immer wieder Trost und Kraft, und es war zuletzt sein unfehlbares Urteil, dem Leibl bedingungslos vertraute und das er zu wiederholten Malen in Anspruch nahm. Der Ausspruch: "Wenn der Sperl mich verlaesst, erschiesse ich mich" mag vielleicht nicht authentisch sein, aber er trifft sehr genau den unbeugsamen Glauben und die Staerke, die von dem "Maeneken", wie Leibl den Freund oft nannte, ausging. Die Zeit in Aibling und ab 1891 in Kutterling verbrachten sie viel in freier Natur, und "sie lebten in der Pflege der Kunst zusammen, als ob das Leben voellig Nebensache und die Kunst alleine auf der Welt waere", jeder gebend und nehmend in geradezu bruederlicher Verbundenheit - keiner versuchte den anderen in sein Schema zu pressen, jeder blieb er selbst und sich treu. Nach dem Tode Leibls, den Sperl als den schwersten Schicksalsschlag seines Lebens empfand, weitete er seinen Blick: zum innigen Naturerlebnis im engen Umfeld, zur Verbundenheit von Mensch und Natur trat die Ferne, die gewaltige Kulisse von Bergwelt und Himmel. Noch zu seinen Lebzeiten stellte sich der Erfolg ein. Grosse Galerien begannen sich fuer ihn zu interessieren. Aber erneut musste er erfahren, dass das Leiden in seinem Leben offenbar eine dominierende Komponente war. Ein Schlaganfall fessselte ihn, jetzt, als ihn Empfindung und Wahrheit zu den reifsten Leistungen gefuehrt hatte, halbseitig gelaehmt vier Jahre lang an den Rollstuhl. Am Vorabend des ersten Weltkriegs starb er, von den Wirren der Zeit kaum beachtet. Er ruht in Wuerzburg gemeinsam mit Leibl unter der Grabplatte, die er selbst entworfen hatte. Wie Leibl hat auch Sperl kein sehr umfangreiches Werk hinterlassen: es sind mehr als 200 Oelbilder neben Zeichnungen und Aquarellen. Sein aeusserst gewissenhaftes und sorgfaeltiges Ringen um das fuer ihn Wahre in der Kunst liess selbst bei Studien keine Fluechtigkeit zu. Mackowsky sagt gleichnishaft: "Der Landschafter und Figurenmaler Sperl sind immer nebeneinander hergegangen; der eine, der wahre, fast verschaemt und still auf sich bedacht, der andere, erfolreiche, mit seinen Auftraggebern sich verstaendigend". Source: Galerie Franz Gailer, Frauenchiemsee |
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