Dauerausstellung 5
 
Schlossmuseum Murnau
Am 19. Februar 1877 wird Gabriele Münter als Kind einer wohlhabenden Familie, die lange in den USA gelebt hatte, in Berlin geboren. Ihre Jugend verbringt sie in Herford und in Koblenz. 1898/99 bereist sie zwei Jahre lang mit ihrer Schwester die USA. 1901 beginnt sie in München ihr Kunststudium an der Schule des Künstlerinnen-Vereins bei Angelo Jank. Im folgenden Jahr wechselt sie zur "Phalanx-Schule" und besucht Kurse bei Wilhelm Hüsgen und Wassily Kandinsky. Dies leitet eine neue, entscheidende Wende für ihre künstlerische und persönliche Zukunft ein. Zwischen 1903 und 1907 unternimmt sie zusammen mit Kandinsky zahlreiche größere Studienreisen und verbringt eine fast einjährige Zeit in Sèvres und Paris, wo sie sich besonders mit Druckgraphik beschäftigt und erste Ausstellungserfolge hat. 1907 leben und arbeiten beide in Berlin. Im Januar und Februar zeigt Münter ihre Werke in Einzelausstellungen in Köln, Krefeld, Breslau und Bonn. 1908 kehren sie dauerhaft nach München zurück und entdecken im Sommer Murnau und den Staffelsee. Der Malaufenthalt hier, zusammen mit Wassily Kandinsky, Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin, bewirkt auch bei Gabriele Münter die künstlerisch entscheidende Entwicklung.


Gabriele Münter
Olympiastraße bei Murnau, 1936

© VG Bild-Kunst, Bonn 2001


In intensiver gemeinsamer Arbeit entstehen zahlreiche Landschaftsbilder und Ortsansichten, die ihre vorangegangene "impressionistische", in Spachteltechnik ausgeführte Malerei völlig hinter sich ließen: "Ich habe da nach einer kurzen Zeit der Qual einen großen Sprung gemacht - vom Naturabmalen - mehr oder weniger impressionistisch - zum Fühlen eines Inhaltes - zum Abstrahieren zum Geben eines Abstrakts" - so beschreibt Gabriele Münter später für sich diesen Neubeginn im Herbst 1908.

Und gerade die Landschaft und das Erscheinungsbild des Ortes erweiterten den Blick und ebneten den Weg zu neuem künstlerischen Ausdruck: "Die erste Studienzeit dort, im Spätsommer 1908, war ich voll von Bildern des Ortes und der Lage und warf sie hin auf Pappen von 41 x 33 cm. Immer mehr erfaßte ich die Klarheit und Einfachheit dieser Welt. Besonders bei Föhn standen die Berge als kräftiger Abschluß im Bilde, schwarzblau. Dies war die Farbe, die ich am meisten liebte."

Charakteristisch für diesen neuen Malstil Kandinskys, Münters und Jawlenskys ist eine auf die Grundformen reduzierte, flächige Darstellungsweise, die mit ihren leuchtenden, ungemischten, kontrastreich gesetzten Farben eine Intensität und Steigerung des bildlichen Ausdrucks bewirkt. Dunkle Umrißlinien geben besonders den Bildern Jawlenskys und Münters in großen Zügen das gestalterische Gerüst. Die weite klare Landschaft, die Straßenzüge und Gebäude des Ortes, Motive des alltäglichen Lebens, der Blick aus ihrem Haus auf den Ort boten reiche Anregung, diesen Malstil zu entwickeln.

1909 kauft sie ein Haus in Murnau, wo sie sich mit Kandinsky bis 1914 überwiegend aufhält. Die im Januar 1909 von ihnen und den Münchner Freunden gegründete "Neue Künstlervereinigung München" stellt ihre neu entstandenen Werke zwischen 1909 und 1911 aus. Zusammen mit Kandinsky, Marc und August Macke vollzieht sie den Schritt zum "Blauen Reiter", der Herausgabe des gleichnamigen Almanachs und der Ausstellungen unter diesem Namen. Nach der durch den 1. Weltkrieg erzwungenen, aber auch bereits persönlich sich anbahnenden Trennung wartet Gabriele Münter ab 1915 in Stockholm auf Kandinsky und trifft ihn dort 1916 zum letztenmal.


Gabriele Münter in Kochel
18. Juli 1902

© VG Bild-Kunst, Bonn 2002


Zwischen 1917 und 1920 lebt Münter in Kopenhagen; anschließend kehrt sie nach Deutschland zurück und hält sich bis 1925 überwiegend in Schloß Elmau, in München und Murnau auf, siedelt schließlich Ende 1925 nach Berlin über. Zwei Jahre später lernt sie dort den Philosophen und Kunsthistoriker Johannes Eichner kennen. 1929/30 gibt ihr ein Aufenthalt in Paris neuen künstlerischen Auftrieb. Ab 1931 lebt und arbeitet sie wieder ständig in Murnau, ab 1933 zusammen mit Johannes Eichner.
Sie führt ein zurückgezogenes, bescheidenes, aber weiterhin künstlerisch aktives Leben. 1957 stiftet sie zahlreiche bedeutende Werke Kandinskys und ihrer Künstlerfreunde des "Blauen Reiter" aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg der Stadt München (Gabriele Münter-Stiftung in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, wo auch ihr Nachlaß in der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung bewahrt ist).

Am 19. Mai 1962 stirbt Gabriele Münter in Murnau, wo sie auch beerdigt ist.
Mit über 70 Gemälden (Raum 13), Zeichnungen und Graphiken (Raum 12) präsentiert sich die umfangreichste Sammlung von Werken Gabriele Münters aus den Jahren 1902 bis 1958.

Filmvorführung "Gabriele Münter" in Raum 18

Sonderausstellung:
Gabriele Münter. Das druckgraphische Werk